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ID-Judo EM: Team Bayern stark vertreten

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Sportgeschehen Inklusion

 

Bei den 2. offiziellen Europameisterschaften ID-Judo nahm auch eine Auswahl bayrischer Judoka teil. Neun Judoka konnten sich im Mai 2019 bei Internationalen deutschen Meisterschaften in Bocholt für dieses besondere Event empfehlen, das in Köln am 19. und 20. Oktober stattfand. 130 Judoka aus 15 Nationen kämpften in den Wettkampfklassen 1 und 2 (zusätzlich zwei Gruppen WK 3, Athleten mit Down-Syndrom) um die Ehren eines europäischen Titels, bei einem Turnier, das hoch professionell und hervorragend organisiert wurde.

Sogar eine Livereportage via Internet wurde geschaltet und von vielen daheimgebliebenen Angehörigen oder Sportfreunde mitverfolgt (die Wettkämpfe sind online abrufbar unter https://sportdeutschland.tv/judo/2-re-live-judo-europameisterschaften-id-judo-tag). Sportlich war es für die Bayern ein großartiger Erfolg. Das Team - betreut und begleitet von Alwin Brenner (Headcoach und Ressortleiter BJV Integration), Marina Müller (Trainerin und stellv. Ressortleiterin BJV Integration), Florian Sachs (Trainer), Michael Anzinger als Papa und zusätzlicher Busfahrer sowie unseren Foto- und Videoreporter vom SF Harteck München René Weil und Daniela Pürstinger - setzte sich aus zwei Vereinen zusammen: Acht Judoka stellten die SF Harteck – Augustinum und ein Judoka vertrat die Farben des ASV Rott am Inn.

Neun von Neun: Drei mal kompletter Medaillensatz

Drei Europameister, drei Vize und dreimal Bronze: eine hundertprozentige Erfolgsquote nahm ihren Lauf. Da ist mal die junge Carolin Anzinger, Titelverteidigerin bis 48 kg, Wettkampfklasse (WK) 2. Sie hatte zwei deutsche Gegnerinnen, die sich schon gut kannten. Insbesondere gegen Jennifer Strauß aus Wiesbaden, die ihr körperlich überlegen war, zeigte Carolin wieder mal eindrucksvoll, dass kleiner sein auch Vorteile haben kann. Insbesondere, wenn O goshi links und Seoi nage beherrscht werden. Nach nicht mal der halben Kampfzeit warf sie ihre Gegnerin mit einer Ippon-Wertung. Der gleichgroßen Daniela Schneider erfuhr dasselbe sportliche Schicksal: Anzinger verteidigte ihren Londoner Eurotitel und bleibt nun für die nächsten vier Jahre Europameisterin. „Sie ist einfach cool, mehr als ich“, so ihr Vater Michael Anzinger und Marina Müller, Coach und stellvertretende Ressortleiterin im BJV (Integration) ergänzt: „Wenn sie so in Topform ist, gibt es niemanden, der sie so schnell umwirft“.

Benedikt Tröger, WK 2, 73 kg, wie Anzinger und Dietz auch Titelverteidiger von London 2018 hatte Konkurrenz aus Belgien und Deutschland. Er konnte sich vier mal klar gegen seine Kontrahenten Mahé, Jonetzek, Lammers und Weyck durchsetzen, bei allen Kämpfen stets vorzeitig kurz vor Kampfende. Gold und Europameister für Tröger!

Samuel Dietz hatte vor dem Turnierstart mit seinem Gewicht zu kämpfen. Vierhundert Gramm Übergewicht bei der Waage musst er noch loswerden. Die erste Schwitzeinheit bewältigte er ohne Probleme und hatte als einzigen Gegner bis 100 kg, WK 1, den Briten Mikey Lomas. Das bedeutete also das System „Best of Three“. Wer zuerst zwei Siege hat, ist Europameister. Der Brite ist äußerst schwer einzuschätzen, doch Dietz ließ ihm keinerlei Chance: Soto maki komi, Wazaari, Haltegriff – zwei deutliche und vorzeitige Siege für den neuerlichen Titelgewinn! „Es war mehr als eine realistische Chance für unsere drei Titelverteidiger, wieder Europameister zu werden“ , meinte Alwin Brenner nach den überzeugenden Kämpfen, „aber dass von den neun Judoka auch neun Medaillen erkämpft werden ist eine große Überraschung und vor allem ein großer Erfolg für uns!“

Da war beispielsweise Maximilian Massepp am Start, der seine 90 kg nicht halten konnte und bis 100 kg, WK 2 antreten musste. Seine Gewichtsklasse war stark besetzt, sodass im Poolsystem gelost werden musste. Massepp hatte bis zum Halbfinale zwei Begegnungen zu bestreiten und gewann seinen ersten Kampf mit einer ganz knappen Kampfrichterentscheidung. Sein Gegner Martin Barkow aus Deutschland hatte sich eine Strafe eingehandelt. Im zweiten Kampf hatte er gegen den Österreicher Paul Vogl nach eineinhalb Minuten mit einem O soto gari das Nachsehen, aber das Halbfinale war geschafft. Dort wartete Jens Windmolen aus Belgien, Massepp gelang eine überraschende Führung durch Konter eines o soto gari, die er über die Kampfzeit brachte. Im Finale war es wieder Paul Vogl, dem er dann nach zweiminütiger Kampfzeit wie im Vorkampf unterlag. Silbermedaille für Maximilian Massepp, eine große Überraschung.

Silber und Vizeeuropameisterin auch für Christina Wollinger – auch eine besonders positive Überraschung, „ja, es hätte auch Gold sein können, wenn sie im entscheidenden Kampf ein bisschen schneller gewesen wäre und sich nicht in den Haltegriff gelegt hätte“, so Coach Florian Sachs. Mit Maja Weber, Christine Schlachter und Angelina Salli hatte Wollinger in WK 2 , über 78 kg drei deutsche Gegnerinnen. Gegen Maja Weber konnte sie nach mühevollem Beginn noch rechtzeitig vor Kampfende durch Haltegriff gewinnen, gegen Christine Schlachter aus Hessen waren dazu nur zehn Sekunden notwendig: ein von ihr bildsauberer Tani otoshi beendete den Kampf. Der Kampf um Gold verlor Wollinger nach starkem Beginn kurz vor Ende nach deutlicher Führung durch einen fast unnötigen Haltegriff.

Die Silbermedaillengewinnerin bei den World Games Special Olympics in Abu Dhabi, Lara Holzmüller, durfte sich auch wieder über Silber freuen. Wie ihr Vereinskollege Samuel Dietz bestreitete sie in diesem Jahr das zweite hochklassige internationale Turnier. Gegen Azra Dedic aus Bosnien-Herzegowina verlor sie nach gutem Beginn klar, konnte sich aber anschließend wiederum deutlich gegen Lisa Heise aus Deutschland durchsetzen. Ergebnis: Vizeeuropameisterin bis 70 kg, WK 2.

Als einziger Nicht-Münchner vom ASV Rott am Inn war Florian Linsner bis 81 kg, WK 2 in Köln mit dabei. Seine Erfolgsaussichten waren gut, gewann er doch bereits in London die Bronzemedaille. Und genau diese konnte der immer positiv eingestellte ID-Judoka wieder gewinnen. Bei spannenden Kämpfen in einer ganz internationalen Gruppe mit Judoka aus Slowenien, Belgien und Deutschland konnte er trotz den Niederlagen gegen Ziga (Slowenien) und Kristof (Belgien) den dritten Platz sichern.

Bronze Nummer zwei: Alessia Schmidt hatte sich leider in einer unausgeglichenen WK 2 bis 57 kg zu behaupten. Die britische Gegnerin Skye Westwood benötigte für alle ihre Kämpfe nur acht bis fünfzehn Sekunden, ein Hinweis auf die Zugehörigkeit eher zur WK 1. Da Trainer Alwin Brenner dies bereits zum dritten Mal in Folge so erlebte, gab er einen Hinweis an die Wettkampfleitung, der aber nicht beachtet wurde. Nur im Kampf gegen Schmidt benötigte die Britin immerhin 35 Sekunden, um mit Wazaari in Führung zu gehen und mit Haltegriff abzuschließen. Der längste Kampf für die Engländerin bei diesem Turnier (55 Sekunden). Aber Alessia Schmidt konnte mit ihrem dritten Platz und der Bronzemedaille letztendlich einen weiteren Erfolg nach ihrer Vizeeuropameisterschaft in London hinzufügen.

Fit werden für die anstehende DVMM in München (16.11.2019)

Der jüngste Teilnehmer war Henry Unterseher, mit seinen 54 kg einiges unter dem Limit der 60 kg Klasse in WK 1. In seinem ersten „Erwachsenenturnier“ (neben der IDEM) traf er auf den deutschen Silbermedaillengewinner von Abu Dhabi, Andreas Gramsch. Nach anfänglichen Schwierigkeiten begann Unterseher schließlich ab der der Hälfte der Kampfzeit aktiver zu werden, sodass nach drei Minuten eine Kampfrichterentscheidung ihm zugunsten zugesprochen wurde. Dieser Sieg war wertvoll, denn im zweiten Kampf gegen den flinken Russen Anatoli Sadakov verletzte sich Henry in einer beherzten Begegnung am Ellenbogengelenk und musste die beiden letzten Kämpfe abschenken. Aufgrund seines Sieges im ersten Kampf konnte er sich aber die Bronzemedaille sichern, da Andreas Gramsch seine weiteren Vergleiche verlor. Glücklicherweise ist seine Verletzung nicht so schwer wie befürchtet, sodass Henry Unterseher bis zur DVMM wahrscheinlich wieder einsatzfähig sein wird. Gute Besserung!

Bilder: René Weil; Text: Alwin Brenner